Ist eine Zimmerpflanze auch nur eine Art Haustier?

2023-02-22 16:53:24 By : Mr. Jack CUI

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Die Gattung Aglaonema ist an den warmen, schattigen Dschungel Südostasiens angepasst. Bild: Picture Alliance

„Immer fröhlich, keine Fragen“: Zimmerpflanzen sind nicht jedermanns Sache. Doch in Luc Bessons Film „Léon, der Profi“ trägt die Titelfigur eine Aglaonema mit sich herum – und erklärt sie zu seinem besten Freund.

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Z immerpflanzen sind nicht jedermanns Sache. Uns zum Beispiel war immer unverständlich, wie man in seinem Büro wertvolle Stellfläche, insbesondere die der Bücherregale, an Töpfe und Kübel verschwenden kann, aus denen es dann Pflanzenerde krümelt und für deren Insassen man während der Urlaubswochen die Wasserversorgung durch Kollegen organisieren muss. Ziemlich viel Aufwand für etwas grüne Farbe, die sich auch durch geeigneten Wandschmuck oder Bildschirmhintergrund in die Stube bringen ließe.

Denn dass Topfpflanzen die Raumluft verbessern, ist bekanntlich ein Mythos. Zwar vermag lebendes Blattwerk flüchtige organische Stoffe wie Formaldehyd aufzunehmen, aber wie eine 2020 im Journal of Exposure Science and Environmental Epidemiology erschienene Übersicht über zwölf einschlägige experimentelle Untersuchungen zeigte, müsste man jeden Quadratmeter seines Büros oder Wohnzimmers mit mindestens zehn Topfpflanzen zustellen, um eine Abtransportrate der unerwünschten Moleküle zu erzielen, wie sie bereits der normale Luftaustausch in typischen Gebäuden gewährleistet.

Aber vielleicht gehen Fragen nach Aufwand und Nutzen am anthropologischen Phänomen Zimmerpflanze ja völlig vorbei. Der Gedanke kam uns, als sich unlängst die Gelegenheit ergab, Luc Bessons Film „Léon: The Professional“ aus dem Jahr 1994 zu sehen. Titelfigur ist ein eigenbrötlerischer Auftragskiller in New York, der sich nur widerstrebend der zwölfjährigen Mathilda annimmt, als deren Familie von korrupten Polizisten ermordet wird – sich aber rührend um eine Topfpflanze kümmert. Diese gehört offenbar zur Gattung Aglaonema aus der Familie der Aronstabgewächse. „Sie ist mein bester Freund“, erklärt Léon in einer Szene. „Immer fröhlich, keine Fragen.“

Damit hat Luc Besson das Gewächs als so etwas wie die botanische Version eines treuen Haustiers eingeführt, um das sich die Filmzuschauer dann auch bald ähnliche Sorgen machen wie um Léon und Mathilda. Etwa als die beiden mehrfach die Unterkunft wechseln müssen. Denn so viel haben auch wir über Indoor-Gewächse mitbekommen: Umzüge vertragen viele von ihnen nicht immer besonders gut. Hatten die Ausstatter des Films hier nicht richtig recherchiert?

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An dieser Stelle lagen sie tatsächlich richtig. „Die Aglaonema ist an sich eine genügsame Zimmerpflanze“, erklärt Timo Riering, Gärtnermeister im Tropi­carium des Frankfurter Palmengartens. „Häufige Standortwechsel macht sie durchaus mit, wenn sie beim Transport vor Kälte geschützt wird.“ Und wenn Léon seinen pflanzlichen Freund ständig besprüht und abwischt, ist das durchaus die korrekte Pflege. „Die Aglaonema benötigt eine erhöhte Luftfeuchte, die durch das Besprühen gefördert wird“, sagt Riering. „Das Abwischen beseitigt Staub, damit die Pflanze besser Photosynthese betreiben kann.“ Und obwohl das in Südostasien heimische Gewächs es gerne schattig hat, tue man unter Umständen gut daran, wie Léon im Film, sie ab und zu in die Sonne zu stellen. „Wenn man die Pflanze nicht direkt auf der Fensterbank hat, sondern zum Beispiel mitten im Raum, kommt dort nur noch ein Bruchteil der Außenhelligkeit an. In so einem Fall kann es Sinn machen, sogar eine Aglaonema in die Sonne zu stellen.“

Allein, ausgerechnet das poetische Ende des Films ist botanischer Murks. Da pflanzt Mathilda das Gewächs im Garten vor ihrer Schule ein, auf dass es endlich Wurzeln schlage. Doch eine Aglaonema verträgt keinerlei Frost, sagt Timo Riering. „Dauerhaft möchte sie Temperaturen von 18 Grad Celsius und mehr. Draußen im Garten kann man sie weder hier noch in New York einpflanzen.“

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Botanik-Kolumne: Ist eine Zimmerpflanze auch nur eine Art Haustier?

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